In den letzten Jahren drehte es sich in unserer Welt und auch in meinem Leben viel um „höher, schneller, weiter,“ und meine Beobachtungen haben gezeigt, dass viele Menschen dabei vergessen haben, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Aufgrund von Konsum und Überangebot haben viele den Blick für die wirklich wichtigen Dinge im Leben in den letzten Jahren schlichtweg verloren. Daher beschäftige ich mich schon lange mit dem Thema Minimalismus. Aber was ist Minimalismus?
Jetzt haben wir März 2020 und ein Virus legt von heute auf morgen die komplette physische Welt lahm. Alles was war, unsere ganze Realität, hat sich um 180 Grad gedreht und wir sind plötzlich gezwungen, weniger zu konsumieren, nicht mehr um die Welt zu fliegen und unsere sozialen Kontakte einzuschränken. Diese Situation ist ungewohnt und macht Angst. Sie ist schrecklich für viele, das möchte ich nicht bestreiten. Gleichzeitig haben wir dadurch jetzt die Möglichkeit, uns wieder mehr mit uns selbst und unserem direkten Umfeld zu beschäftigen und herauszufinden, was für unser Leben wirklich wichtig ist.
Minimalismus bedeutet für mich, den Fokus auf das Wesentliche zu legen. Es geht darum, sich von unnötigem Ballast freizumachen und somit an Leichtigkeit und Lebensfreude zu gewinnen. Der Fokus auf das Wesentliche bringt Klarheit in allen Bereichen.
Hier mal ein ganz simples Beispiel, was glaube ich die meisten von uns kennen. Der Schreibtisch liegt voll mit Zetteln, Briefen, Rechnungen, Arbeit. Wenn wir uns in dieses Chaos setzen und darin versuchen, fokussiert zu arbeiten, dann kann das kaum funktionieren, denn der Fokus „jumped“ immer wieder von einem zum nächsten ToDo. Irgendwann überwinden wir uns und räumen das Chaos auf. Kennt fast jeder, oder? Uns durchströmt ein Gefühl der Erleichterung und der Klarheit!
Dieses Beispiel lässt sich auf unser gesamtes Leben anwenden. Nehmen wir die aktuelle Virus Situation. Wir können uns jetzt hinsetzen und den ganzen Tag auf socialmedia verbringen und uns unterschiedliche Ansichten und Meinungen anhören. Wir könnten auch anfangen, den ganzen Tag in den Fernseher zu schauen oder wild zu googlen. Am Ende des Tages sind wir wahrscheinlich verunsichert und verwirrt und alles andere als klar und strukturiert. Ganz wie bei dem unaufgeräumten Schreibtisch. Alternativ halten wir uns an das, was von offizieller Stelle gesagt wird und fangen in der Zwischenzeit an, bei uns selbst aufzuräumen, sowohl im Inneren als auch im Außen.
Im Außen aufräumen kann sehr befreiend sein. Wir können zum Beispiel unsere einzelnen Wohnräume Tag für Tag durchgehen und uns bei jedem Gegenstand fragen: „brauche ich das wirklich?“ wenn ja, behalten, wenn nein, weg damit 😉 und damit möchte ich nicht sagen, dass jeder Dekoartikel unnötig ist. Ich habe Blumenvasen und Kerzen in meinem Wohnzimmer stehen, die brauche ich wirklich für mein Wohlbefinden.
Wir können diese Zeit auch nutzen, um Klarheit und Struktur in uns selbst zu schaffen.
Hier ein paar Fragen und Denkanstöße:
- Was wäre, wenn wir wenig, hochwertige Gegenstände statt massenhaft Wegwerfware besäßen? Was würde das für uns bedeuten und was für die Umwelt?
- Kann ein Verzicht auf einen gewissen Standard ein Gewinn an Lebenszeit sein?
- Wenn ich weniger konsumiere (Medien, Shopping,…), dann habe ich automatisch mehr Zeit, oder? Was könnte ich mit der Zeit tun?
- „Brauche ich das wirklich“? Diese Frage kann man sich nicht nur beim Einkaufen, sondern in allen Bereichen des Lebens stellen. „Brauche ich diese Freundschaft, die mich runterzieht?“ „Brauche ich mein Handy 24/7?“ u.s.w.
- Bahn oder Flugzeug? Achtsam oder schnell?
- Wie kann ich meine Zeit sinnvoll nutzen?
Das interessante am Minimalismus ist, dass es auf der einen Seite darum geht, weniger zu besitzen und zu konsumieren, auf der anderen Seite heißt Minimalismus aber nicht, weniger Lebensqualität zu haben, ganz im Gegenteil. Wenn wir uns dazu entscheiden, z.B. wenig hochwertige Gegenstände zu besitzen, anstelle von viel Wegwerfware, dann haben wir länger etwas davon, es ist individueller, wir unterstützen die Umwelt und unsere Wohnung ist nicht überladen und bietet somit viel Raum für neue Gedanken. Angenommen wir verzichten bewusst auf eine Wohnung mit Meerblick und nehmen stattdessen eine am See, die die Hälfte kostet, dann können wir theoretisch weniger arbeiten und gewinnen an Lebenszeit, die wir frei nutzen können.
Jeder Mensch ist unterschiedlich und jeder Mensch hat andere Werte und Vorstellungen vom Leben. Dieser Artikel bietet lediglich ein paar Denkanstöße und Ideen zum Thema Minimalismus, wie ich ihn für mich interpretiere und wie er mir heute mehr denn je bewusst wird.
Lebst du bewusst? Lebst du achtsam? Hast du weitere Ideen oder Fragen dazu?
4 Antworten
Schön in Worte gefasst, was auch mir in diesen besonderen Zeiten durch den Kopf geht. Neben all den einschränkenden und bedrohlichen Folgen des Virus, fokussiere auch ich mich auf die Chancen, die in dieser Zwangspause liegen – für mich und die Welt. Alles Liebe!
Super schön geschrieben und ich stimme voll zu! Ich halte weiterhin mein Hab&Gut auf einem minimum und fokussiere mich aufs „Leben und (kreatives) Tun“ anstatt aufs „besitzen und konsumieren“. Dieses Jahr steht bei mir dazu noch Gedankenminimalismus ganz oben: negative Denkmuster erkennen und im Keim ersticken, Entscheidungen schnell treffen und Leben generell vereinfachen 😊👍
wunderschön! Gedankenminimalismus finde ich spannend!
Du sprichst mir aus dem Herzen! Ich beschäftige mich auch schon länger mit dem Thema Minimalismus und setze es seit 2 Jahren um. Und es ist wirklich unglaublich befreiend.
Liebe Grüße
Claudia von Gemüseliebelei